Wir fahren ans Meer! Endlich Urlaub! Nur noch Erholung und das pur! Gut, zuhause ist gerade schönes Wetter, aber was heisst das schon? Urlaub ist Urlaub. Also Koffer gepackt, ins Auto damit und los geht’s. Diesmal nach Sylt, der Insel der Reichen und Schönen. Heute wohl eher die Insel der Friseure der Reichen und Schönen. Nichts gegen Friseure, aber Glamour hat die Insel nur noch in den Augen der ewigen Nostalgiker.

Sylt liegt ganz im Norden der Republik, fast schon in Dänemark. Wettertechnisch also durchaus ein Risiko. Aber, no risk no fun! Wir fahren zunächst nach Niebüll, das sind von Köln aus 640 Km Autobahn. Danach braucht man in jedem Fall eine Woche Urlaub. Alles ist aber gut, wenn man vor elf durch den Elbtunnel kommt. Wir fahren kurz nach acht los, was ambitioniert, aber machbar ist, wenn man Glück hat. Leider hatten wir nicht bedacht, dass noch Schulferien waren und am Samstag die “Wochenwechsler” unterwegs sind. Kurz nach eins waren wir am Tunnel, also viel zu spät, um den Staus zu entgehen.

Aber, was soll’s? Von der Sonne in Köln ging’s nun weiter nach Norden, im Regen natürlich. Um halb vier waren wir dann endlich in Niebüll. Der Sylt-Shuttle (mit dem werden die ganzen Autos auf die Insel gekarrt, 96 € hin und zurück) wartete schon. Leider auch sehr viele andere Autos, die alle noch vor uns an der Reihe waren. Aber irgendwann ging’s dann doch los.

Der Zug mit unserem Auto fuhr über den Hindenburgdamm, das Wetter zeigte seine freundlichere Seite und der Urlaub war nur noch Minuten entfernt. Nach 11 und einer halben Stunde waren wir dann endlich vor unserem Ferienhaus. Das Wetter hatte sich mal wieder umentschieden. Willkommen auf der Ferieninsel!

Was tun, wenn’s regt? Auf Sylt heisst das vor allem, wetterfeste Kleidung und Zuversicht. Wenn es auf dem Festland regnet und die Wetter-App sagt, dass dies länger dauert, heisst das auf Sylt nicht viel. Wir haben es oft genug erlebt, dass wir am Watt standen und die dichten Regenwolken auf dem Festland bestaunten. Wir haben uns dann in unsere Pullover und Windjacken gekuschelt und sind am Strand spazieren gegangen, zumeist ohne Regen, sehr oft im Sonnenschein.

So war es auch in diesem Jahr wieder. Kaum ist man auf der Insel, schon hat man Urlaub und das Wetter spielt keine Rolle mehr. Wir laufen am Strand, genießen den Seewind, und erholen uns in einem der vielen freien Strandkörbe.

Wir fahren jetzt schon seit fast dreißig Jahren regelmäßig auf die Insel. Was kann man da noch tun, was entdecken, was ist noch neu? Die Antwort ist einfach: nichts! Alles, was sich zu tun, zu sehen, zu erleben lohnt, kennt man schon vom ersten Mal. Aber wir tun all dies immer wieder gern. Mehrere Stunden durch die Dünen oder direkt am Meer zu laufen, hat einen unvergleichlichen Erholungswert.

    

Am Ende fast jeden Spaziergangs wartet dann die Belohnung bei frischen Fisch, einer Flasche guten Weines (beides sehr preiswert!) und gelegentlichen Zufallsbekanntschaften, die mit anregenden Gesprächen dazu beitragen, dass es nicht immer bei der einen Flasche bleibt. Der Ort für solcherlei Vergnügen heißt “Gosch”. Ehemals eine einfache Bude mit Fischbrötchen ist Gosch heute eine Institution auf der Insel. Sei es in List, Wenningstedt oder in Westerland, überall findet man die Läden, die alle das gleiche bieten: frischen Fisch, preiswerte Getränke und die Möglichkeit, mit dem Tischnachbarn ins (zumeist) nette Gespräch zu kommen.

Die schönste Stadt auf Sylt ist sicher Keitum. Hier findet man die schönen alten Kapitänshäuser, die für die Insel so typisch sind. So schön Keitum auch sein mag, für uns hat es einen entscheidenden Nachteil. Die Stadt liegt auf der Watt-Seite der Insel, d.h. Wind und Wellen, richtiges Meergefühl also, findet man nur auf der See-Seite und die ist ca. 6 km entfernt. In den ersten Jahren haben wir immer in Keitum gewohnt. Wenn die Kinder dann abends im Bett waren, habe ich mich ins Auto gesetzt und bin ans Meer gefahren. Ziemlich blöd dafür, dass man auf einer Insel ist.

Wer lieber unter sich bleibt und über das nötig Kleingeld verfügt, wohnt eher in Kampen. Auch hier gibt es schöne Häuser, aber das Leben, so es denn noch lebt, findet hinter geschlossenen Türen statt…

… oder am Strand. Das rote Kliff ist dann aber auch der schönste Teil der Insel. Man muss nicht in Kampen wohnen, um hier unvergleichliche Spaziergänge durch die Dünen oder am Wasser zu machen.

Wir wohnen gern in Westerland, der größten Stadt auf Sylt. Schön ist die Stadt sicher nicht, aber es gibt alles, was man im Urlaub so braucht: man ist schnell am Meer, man hat alle Geschäfte, Kneipen und Restaurants in der Nähe und wenn man etwas vom Zentrum weg ist, gibt es auch wirklich schöne Ferienhäuser unter Reet, mit Garten und allem Komfort. Und wenn man nicht gerade in der Hauptsaison unterwegs ist, gibt es das auch zu sehr bezahlbaren Preisen (Wir buchen zumeist bei: www.sylt-tourismus.de).

In diesem Jahr war die Insel wieder mehr als voll. Unglücklicherweise hatten wir die Herbstferien übersehen, zudem war gerade wieder Surf-Wold-Cup, was viel zusätzlichen Betrieb mit sich bringt. Aber, es ist schon ein tolles Erlebnis die Sportler auf ihren Brettern durch die Wellen jagen zu sehen.

Da kann man schon mal ins träumen kommen. Hätte man früher vielleicht …., sollte man jetzt noch etwas versuchen?  “Ach, komm, mach Dich doch nicht lächerlich! Das hättest Du früher nicht gekonnt und jetzt schon gar nicht.” Wie schön eine Partnerin zu haben, die nicht in Luftschlössern lebt.

Wieso nun aber Insel der Promis? Tja, die waren mal da und haben das heutige Image der Insel aufgebaut. Am Anfang waren es Gunther Sachs und Brigitte Bardot, später dann unzählige B-,C- und D-Promis, die am Strand, in der Sansibar und in zwei, drei Discos in Kampen das gelebt haben, was man unter Jetset verstand. Heute findet man auf Sylt zumeist ganz normale Menschen, wobei durchaus einige noch immer so tun, als sei die Zeit stehen geblieben und sie seien Teil einer besonderen Spezies. Sind sie auch, man erkennt sie zumeist an ihrer Einheitskleidung der überteuerten “Nobel-Marken” und daran, dass sie sich fast ausschließlich in ihrem “Ghetto” Kampen aufhalten. Man kann ihnen also leicht aus dem Weg gehen. Wer trotzdem mal am dem schnuppern möchte, was dort heute noch als “Duft der großen Welt” verkauft wird, kann in der Sansibar, im Kampener “Gogärtchen”oder im “Pony” überteuerte Drinks schlürfen (die Erdbeerbowle in der Sansibar für 11 €, die Longdrinks in Kampen für ca. 30 €).

Wir verzichten lieber darauf und erholen uns am Meer.

Natürlich hätte man auch zuhause bleiben können und wie andere kuschelig die Ruhe genießen.

Wir lassen uns aber gern den Wind um die Nase wehen und werden uns nächstes Jahr wieder auf den Weg nach Norden machen. In der Hoffnung, dass die Fahrt nicht wieder so lange dauert und wir ansonsten das finden, was wir seit vielen Jahren dort genießen: Urlaub am Meer!

Bildnachweis: fotolia: 206085007 – Friesenhaus in Keitum © Carl-Jürgen Bautsch, 138282594 – Strandspaziergang mit Hund © pure-life-pictures, 84734966 – House on the island of Sylt © Rokfeler, 92965274 – Ferienhäuser in Dünenlandschaft © Jiggsons, 48679860 – Surfer vor Westerland © traveldia, 179721730 – Strand mit Strandkörben am Roten Kliff bei Kampen auf Sylt an der Nordsee bei Sonnenuntergang © Thorsten Schier, 168178275 – Autozug auf dem Hindenburgdamm – Sylt – 2728 © Wolfgang Jargstorff; alle anderen Fotos BKB Verlag GmbH.